Als die Mitarbeiterinnen des Projektes „Chance Quereinstieg – Ausbildung zur Erzieher-in“ uns um einige Interviews für ihre Website baten, war das erst einmal ein journalistischer Auftrag. Der klang spannend; wir waren neugierig auf Menschen, die sich in ihrem Leben zu einem Neuanfang entschlossen hatten. Dass es dabei um so viele und so wichtige Erinnerungen ging und dass dieses Erinnern – bewusst oder unbewusst – zum beruflichen Umstieg geführt hat, wurde uns erst allmählich klar.

Da war Camillo Wittig, der im Gespräch auf einmal über seine eigene wunderbare und unbeschwerte Kindergartenzeit in einem kleinen sächsischen Dorf sprach. Anastasia Kakaretsa, die uns von der für sie schwersten Zeit in Griechenland erzählte. Als es für die junge Archäologin und ihren Mann einfach keinerlei Chancen mehr gab.

Und vor allem Helmut Salvatore Hartwich, der mit über 50 Jahren gerade seinen ersten ordentlichen Berufsabschluss macht. Der in seinem Leben durch so viele Gelegenheitsjobs gestolpert ist – und nun ausgerechnet in jenem Kiez als angehender Erzieher arbeitet und ausgebildet wird, in dem er selbst in einer kinderreichen Familie aufgewachsen ist. Im Berliner Märkischen Viertel, einer Großsiedlung mit Menschen vieler Nationalitäten, mit vielen sozialen Konflikten. „Helle“, wie ihn alle nennen, kann gerade deshalb Kinder und Eltern so gut verstehen und sich in ihre Probleme versetzen, weil sie ihn an die eigene Kindheit erinnern. Ihm sei klar geworden, wie wichtig diese Erinnerungen sind und er hat sich vorgenommen, sie für seine beiden Söhne festzuhalten.

Bisher haben wir vor allem Älteren geholfen, Ihre Lebensgeschichte zu bewahren. Bei diesen Gesprächen ist uns doch klar geworden, wie wichtig es auch für Jüngere sein kann, Erinnerungen in der einen oder anderen Form aufzuzeichnen – und sich damit vielleicht sogar über die Zukunft klar zu werden, die vor Ihnen liegt.

Einen Richtungswechsel oder gar Neustart könnte das erleichtern. So wie ihn Camillo Wittig, Anastasia Kakaretsa und Helmut Salvatore Hartwich gewagt haben.

Wir Biografinnen können auf jeden Fall dabei helfen.