Wahrscheinlich hätte ich nie etwas von diesem Theaterprojekt erfahren, wenn meine Mutter mich nicht angerufen hätte: „Da wollen Schüler kommen und mich nach meinen Erlebnissen im zweiten Weltkrieg befragen. Soll ich das machen?“ Noch kurz vor dem Gespräch meldete sich die über 90-Jährige dann ganz aufgeregt bei mir: „Ich habe doch gar nichts zu erzählen, ich sag besser ab!“ Danach aber war sie richtig euphorisch: Das Interesse an ihren Geschichten und die Fragen der Jugendlichen waren ein ganz besonderes Geschenk für sie.
Aus solchen Gesprächen, die Schülerinnen und Schüler des Berliner Anne-Frank-Gymnasiums mit Zeitzeugen des zweiten Weltkriegs führten, entstand ein Theaterstück: „Goldland“. Aufgeführt wurde es im Theater an der Parkaue – dem größten Kinder- und Jugendtheater Deutschlands. Die Jugendlichen standen gemeinsam mit Jenen, die ihre Großeltern oder sogar Urgroßeltern sein könnten, auf der Bühne. Manchmal erzählten die Zeitzeugen selbst, manchmal spielten die Schüler deren Erzählungen nach. Ein Mosaik aus Erinnerungen, das für die Befragten, die Fragenden aber vor allem auch für uns Zuschauer unvergesslich blieb. Jeder Abend war ausverkauft.
Fragt sie bitte!
An einer Stelle wendete sich einer, der zu Kriegszeiten noch ein Kind gewesen war, direkt an das Publikum und erzählte, wie es ihm heute geht: „Meine Eltern sind inzwischen beide tot. Ich habe zu wenig gefragt und nun kann ich sie nicht mehr fragen. Denkt bitte bei Euren Eltern daran. Fragt sie! Irgendwann sterben die Eltern auch mal weg. Also fragt sie bitte!“
Für mich war es die letzte Bekräftigung, wie wichtig es ist, Leben und Lebensgeschichten festzuhalten. Und andere dabei zu unterstützen, dies zu tun.